Nestle ist im vergangenen Jahr etwas stärker gewachsen als erwartet. Allerdings schlagen steigende Kosten etwa für Rohstoffe auch beim weltgrößten Nahrungsmittelkonzern auf die Marge. Für 2022 richten sich die Schweizer auf ein gemäßigteres Wachstumstempo und eine womöglich weiter rückläufige Profitabilität ein. Die Kosten dürften in diesem Jahr noch schneller steigen als 2021, sagte Konzernchef Mark Schneider am Donnerstag zur Vorstellung der Bilanz in Vevey. Das neue Jahr habe aber bereits gut begonnen, die Prognose bezeichnete er als vorsichtig.
Für 2022 stellt das Management ein Umsatzplus aus eigener Kraft von rund 5 Prozent in Aussicht, nachdem dieses im vergangenen Jahr bei 7,5 Prozent gelegen hatte. Mit dem 2021-Wert hatte Nestle 2021
die Erwartungen der Analysten noch leicht übertroffen. Es seien mit Blick auf die Kosteninflation "turbulente Zeiten", äußerte sich Schneider während einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Wie schon im Vorjahr will Nestle die anziehenden Kosten auch über Preiserhöhungen abfedern, "und zwar über alle Länder und Kategorien hinweg", kündigte der Firmenlenker an.
Mittelfristig rechnet das Unternehmen mit einem "anhaltenden organischen Umsatzwachstum im mittleren einstelligen Bereich". Die zugrunde liegende operative Gewinnmarge soll sich "anhaltend moderat"
verbessern.
Analyst Andreas von Arx von der Baader Bank fand am Donnerstagmorgen lobende Worte. Die Zahlen für das vergangene Jahr seien gut ausgefallen, schrieb er in einer Studie. Zudem deute die
Prognose darauf hin, dass der Kostendruck bei Nestle weniger stark ausfalle als bei zahlreichen Konkurrenten. An der Schweizer Börse fand sich die Nestle-Aktie hingegen kurz nach dem Handelsbeginn unter den Verlierern wieder, das Papier gab rund ein halbes Prozent nach.
Sehr zufrieden zeigte sich der Firmenchef mit Nestles Lauf im vergangenen Jahr. Insgesamt setzte der Konzern knapp 87,1 Milliarden Schweizer Franken (rund 83 Mrd Euro) um nach 84,3 Milliarden Franken
ein Jahr zuvor. Gute Geschäfte machte der Hersteller mit dem Einzelhandel. Zudem profitierte Nestle davon, dass auch über die Gastronomie wieder mehr verkauft wurde. Die operative Marge
verschlechterte sich hingegen leicht auf 17,4 Prozent nach 17,7 Prozent ein Jahr zuvor. Damit hatten die Kosten stärker auf das Ergebnis gedrückt als vom Konzern gedacht.
Zum Jahresende legte Nestle im vierten Quartal einen Schlussspurt hin, mit einem Wachstum aus eigener Kraft von 7,2 Prozent nach 6,5 Prozent im dritten Jahresviertel. Vor allem zu Jahresbeginn hatte die Erholung in China sowie im Außerhaus-Geschäft kräftig angetrieben und für rekordverdächtige Wachstumsraten gesorgt.
Über das gesamte Jahr hinweg trugen vor allem der Kassenschlager Kaffee mit Marken wie Nescafe, Nespresso und Starbucks <US8552441094> zum Wachstum bei, aber auch Tiernahrung (Purina) florierte. Zudem scheint sich die Neuausrichtung auf die Premiummarken beim Wasser für den Konzern auszuzahlen. Das Wassergeschäft, das in der Vergangenheit eher schwächelte, wuchs um 6,8 Prozent.
Nestle baut sein weltweites Wassergeschäft bereits seit längerem um und konzentriert sich nun vermehrt auf internationale Premiummarken und Mineralwasser. Dafür hat sich der Konzern beispielsweise von seinen regionalen Quellwassermarken und dem Geschäft mit gereinigtem Wasser und den Getränkelieferservices in den USA und Kanada getrennt und Premium-Wassermarken wie die amerikanische Essentia aufgekauft.
Unter dem Strich verdiente Nestle 16,9 Milliarden Franken, rund 38 Prozent mehr als im Vorjahr. Dazu trug maßgeblich der Verkauf einiger Anteile an dem französischen Kosmetikkonzern L'Oreal <FR0000120321> bei, der dem Lebensmittelkonzern 8,9 Milliarden Euro in die Kasse gespült hatte.
Vom Gewinnanstieg profitieren auch die Aktionäre: Sie sollen eine Dividende von 2,80 Franken erhalten, nach 2,75 Franken im Vorjahr. Zudem hat der Konzern zu Jahresbeginn ein neues Aktienrückkampfprogramm im Umfang von bis zu 20 Milliarden Franken gestartet. Das Unternehmen erwartet, in den ersten zwölf Monaten Aktien im Wert von etwa zehn Milliarden Franken zurückzukaufen. Das Programm soll bis Ende Dezember 2024 abgeschlossen sein./tav/AWP/ngu/stk (dpa)
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