Das sind die Stärken und die Schwächen pflanzlicher Alternativprodukte in Deutschland
Sojamilch schneidet deutlich besser ab als Kuhmilch, Studie fordert für Fleischalternativen weniger Salz
ProVeg
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Die ProVeg-Studie „Building Bridges between Habit and Health“ („Brücken bauen zwischen Gewohnheiten und Gesundheit“) hat die Nährstoffe von Fleisch- und Milchalternativen in Belgien, Deutschland, Italien, Malaysia, den Niederlanden, Polen, Spanien, Südafrika, der Tschechischen Republik, den USA und dem Vereinigten Königreich verglichen – mit denen ihrer tierischen Pendants und zwischen den Ländern. Die Bewertung stützt sich auf Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO)1, der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA)2 und des niederländischen Ernährungszentrums3. Für die pflanzlichen Produkte sprechen vor allem drei Argumente.
Wenig Zucker, viele Ballaststoffe, gutes Fettprofil
Die untersuchten pflanzlichen Milchalternativen haben sich in der Studie als zuckerarm erwiesen. „Pflanzenmilch ist von Natur aus frei von Laktose, also Milchzucker. Das ist einer ihrer großen gesundheitlichen Vorteile. Laktose verursacht bei vielen Menschen Verdauungsprobleme“, erläutert Anna-Lena Klapp, Head of Research bei ProVeg International. „Nun wissen wir, dass die meisten pflanzlichen Alternativen auf dem Markt auch generell zuckerarm sind und nur geringe Mengen an zugesetztem Zucker enthalten.” In „laktosefreier“ Milch ist der Milchzucker aufgespalten, sodass der Körper ihn noch leichter aufnimmt. Angereichert mit 120 mg Kalzium pro 100 ml können die Alternativen auch in Sachen Mikronährstoffe mit tierischer Milch mithalten.
Pflanzliche Fleischalternativen liefern im Gegensatz zu tierischen Fleisch- und Wurstwaren wiederum wertvolle Ballaststoffe. „Ballaststoffe kommen ausschließlich in pflanzlichen Nahrungsmitteln vor“, weiß Klapp. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt mindestens 30 g Ballaststoffe pro Tag, um Übergewicht, Typ-2-Diabetes und bestimmten Krebsarten vorzubeugen.4 Auch der Darmflora, die unser Immunsystem stützt, kommen Ballaststoffe zugute.5
Ein weiterer Vorteil pflanzlicher Milch- und Fleischalternativen ist ihr Fettprofil: Für unsere Gesundheit ist entscheidend, welche Fette wir zu uns nehmen. Tierische Milchprodukte und Fleisch- und Wurstwaren enthalten vor allem gesättigte Fette. Ein geringerer Verzehr dieser kann das Risiko von Krankheiten mit Ernährungsbezug senken, insbesondere von koronaren Herzkrankheiten.6 7 „Pflanzliche Alternativprodukte können Teil einer ausgewogenen und nachhaltigen Ernährung sein“, folgert Klapp.
Deutschland: Bestnoten für Sojamilch, Minuspunkte für B-Vitamine, Schlusslicht beim Salzgehalt
In einer Fallstudie hat die Untersuchung Sojamilch gesondert unter die Lupe genommen. Sojamilch hat einen ähnlichen Proteingehalt und eine vergleichbare Proteinqualität wie Kuhmilch. Zuckerarme Produkte, die mit den Vitaminen B2, B12 und D sowie Kalzium angereichert sind, können sogar insgesamt ein besseres Nährstoffprofil liefern als Kuhmilch. In Deutschland erhielten Milchalternativen auf Sojabasis 9 von 9 möglichen Punkten. Kuhmilch erhielt aufgrund ihrer gesättigten Fette und ihres hohen Milchzuckergehalts nur 6,5 Punkte.
Bei den pflanzlichen Fleischalternativen schnitten Speck, Nuggets und Würstchen sowie Hähnchenbrust und -streifen besser ab als ihre tierischen Pendants, während Fleischbällchen, Schnitzel, Hack und Burger schlechter abschnitten. Über alle Kategorien hinweg erzielten pflanzliche und tierische Fleisch- und Wurstwaren in Deutschland ähnliche Ergebnisse. „Optimierungsbedarf besteht sowohl beim Salzgehalt von pflanzlichen Fleischalternativen als auch bei ihrer Anreicherung mit Eisen und Vitamin B12“, analysiert Klapp. Nur 18 Prozent der untersuchten Fleischalternativen in Deutschland hatten Salzgehalte von maximal 1,1 g pro 100 g. Damit ist Deutschland Schlusslicht im Ländervergleich.
Niederländische Produkte schnitten in den meisten Kategorien am besten ab. Die Studie führt dies unter anderem auf staatliche Unterstützung durch Richtlinien zur Verbesserung des Nährwerts von pflanzlichen Alternativen zurück. Eine weitere Erklärung sei die Aufnahme pflanzlicher Alternativprodukte mit guten Nährstoffprofilen in die offiziellen niederländischen Ernährungsempfehlungen.
Quellen
1 World Health Organisation (2023): Regional Office for Europe nutrient profile model, zweite Auflage. Online unter: https://iris.who.int/bitstream/handle/10665/366328/WHO-EURO-2023-6894-46660-68492-eng.pdf
2 European Food Safety Authority (2024): Health claims. Online unter: https://www.efsa.europa.eu/en/topics/topic/health-claims
3 Netherlands Nutrition Centre (2018): Towards a more plant-based diet, white paper. Online unter: https://mobiel.voedingscentrum.nl/Assets/Uploads/voedingscentrum/Documents/Professionals/Overig/White%20paper%20-%20Towards%20a%20more%20plant-based%20diet%20-%20Dutch%20Nutrition%20Centre.pdf | Der niederländische Leitfaden enthält als einziges offizielles Dokument in Europa Standards für pflanzliche Alternativprodukte, einschließlich Mikronährstoffen.
4 Deutsche Gesellschaft für Ernährung (2021): Ballaststoffe. Online unter: https://www.dge.de/gesunde-ernaehrung/faq/ausgewaehlte-fragen-und-antworten-zu-ballaststoffen/
5 Soldán, M, Ľ. Argalášová et al. (2024): The Effect of Dietary Types on Gut Microbiota Composition and Development of Non-Communicable Diseases: A Narrative Review, in: Nutrients 16(18): 3134. Online unter: https://doi.org/10.3390/nu16183134
6 World Health Organisation (2023): Saturated fatty acid and trans-fatty acid intake for adults and children: WHO guideline. Online unter: https://www.who.int/publications/i/item/9789240073630
7 Maki, K. C., M. R. Dicklin & C. F. Kirkpatrick (2021): Saturated fats and cardiovascular health: Current evidence and controversies, in: Journal of Clinical Lipidology 15(6): 765–772. Online unter: https://doi.org/10.1016/j.jacl.2021.09.049