Traditionelle Ernte und Handpressung
Die bereits am Baum getrockneten und heruntergefallenen Früchte werden im Sommer, je nach Höhe und daraus resultierender Reifezeit im Juli/August/September, traditionell von Frauen per Hand vom Boden aufgelesen, da sie wegen der vielen Dornen und des dichten Astwerks nicht vom Baum heruntergeschlagen werden können.
Das Sammeln und Verarbeiten der Arganfrüchte ist von jeher Frauensache. Die vom Boden aufgelesenen Früchte werden in Säcke (früher in Körbe oder Tragetaschen aus geflochtenen Palmblättern) gefüllt und mit Hilfe von Karren nach Hause, früher auch in die Agadire, transportiert und dort bis zum Beginn der Weiterverarbeitung gelagert. Bei dieser wird zuerst das Fruchtfleisch entfernt; dabei werden fehlerhafte und faule Kerne aussortiert. Die harten Kerne werden danach mit Hilfe von zwei Steinen aufgeklopft. Die darin enthaltenen Samenplättchen werden entfernt und angeröstet. Anschließend werden die „Mandeln“ von Hand in einer Stein- oder Metallmühle zermahlen. Unter Zugabe von abgekochtem Wasser wird dann das gewonnene Mandel-Mus zu einem Brei, der so lange gerührt und geknetet wird, bis das Öl in einem kleinen Rinnsal aus der Masse austritt.
Bei der Röstung der Samenplättchen entstehen wie auch bei der Herstellung von Kürbiskernöl charakteristische Aromastoffe; darüber hinaus werden die Bitterstoffe reduziert. Es ist aber auch Öl aus ungerösteten Samen im Handel.
Das getrocknete Fruchtfleisch und die Schalen der Kerne finden zumeist als Brennmaterial im Backofen Verwendung; der getrocknete Presskuchen wird an die Ziegen verfüttert.
Die Handpressung von Arganöl ist wesentlich zeitaufwendiger als die Herstellung mit Hilfe von Pressmaschinen. Zur Gewinnung eines Liters handgepressten Arganöls sind etwa zwei Tage Arbeit erforderlich. Auch der Einsatz der Früchte ist deutlich höher; zur Produktion eines Liters werden etwa 30 Kilogramm Früchte benötigt, also die Ernte von 4 bis 5 Bäumen. Dies erklärt den hohen Preis. Da die Kooperativen der UCFA (Union des Coopératives des femmes de l’Arganeraie) für die eigene Vermarktung arbeiten, bleibt die Wertschöpfung ihrer Arbeit bei den Frauen.
- Unreife Argan-Früchte am Baum
- Reifende Früchte und Blattwerk
- Frucht im Querschnitt
- Trockene Früchte und Kerne
- Knacken der Argannüsse
- Samenplättchen
- Trockener Presskuchen
Maschinelle Ernte und Verarbeitung
In den 1990er Jahren begann in Marokko die Industrialisierung der Arganölgewinnung. In den Fabriken von Casablanca und Agadir wird Öl aus Arganmandeln gewonnen. In der Folge ging für viele Familien ein bedeutendes Einkommen verloren, da für die Frauen in den ländlichen Regionen der Verdienst aus der Ölherstellung durch manuelle Gewinnung eine wichtige Rolle spielt. Der marokkanische Staat unterstützte in der Folge die Gründung der UCFA. In dieser Organisation sorgen etwa 22 Kooperativen mit mehr als 1000 Frauen dafür, dass die Tradition des handgepressten Arganöls erhalten bleibt. Vom Verkauf des Öls können die rund 6000 Familienangehörigen in den Dörfern leben, und die Familienverbände bleiben erhalten, weil keine Notwendigkeit besteht, in städtischen Fabriken zu arbeiten. Mit der Entdeckung des Arganöls für die Kosmetikindustrie, als Bestandteil von Pflegeprodukten, kann darüber hinaus langfristig eine Nachfrage für die Produkte der Kooperativen geschaffen werden.
Die Auswirkungen der steigenden Nachfrage und die sozialen Folgen des industriell-maschinell gepressten Arganöls sowie die eingeleitete Gegenbewegung der Frauenkooperativen sind Gegenstand einer im Mai 2006 durchgeführten Studie der GTZ.
Extraktion mit Lösungsmitteln
Für den Laborbedarf oder für industrielle Zwecke wird die Extraktion oft mit einem flüchtigen lipophilen Lösungsmittel durchgeführt. Nachdem sich das Lösungsmittel verflüchtigt hat, erhält man 50 bis 55 % des Öls. Wegen der ungünstigen organoleptischen Eigenschaften des Öls wird diese Art der Ölgewinnung nur für kosmetische Zwecke genutzt. Das durch Lösungsmittelextraktion gewonnene Öl wird durch kurze Destillation bei vermindertem Druck und einer Temperatur von 270 °C zum sogenannten “enriched argan oil”, das ebenfalls in der Kosmetik Verwendung findet. Ergebnis dieses Verfahrens ist ein Öl, das dreimal so viele nichtverseifbare Anteile enthält wie das durch Pressen erzeugte Öl. Dieses sogenannte desodorierte oder auch raffinierte Arganöl findet keine Verwendung in der zertifizierten Naturkosmetik, da dort keine desodorierten (chemisch behandelten) Öle verwendet werden dürfen.