Lignin hat als Stützmaterial und verhärtetes Polymer eine Reihe wichtiger Aufgaben für die Pflanze. Lignine sind wesentlich für die Festigkeit pflanzlicher Gewebe, vor allem für ihre Druckfestigkeit, während die eingelagerten Cellulosefasern die Zugfestigkeit gewährleisten. Reißfeste, biegsame Fasern (Cellulose) werden also von einem dichten und starren Polymer als Füllmaterial (Lignin) durchdrungen. Als Analogien sind technische Materialien wie Stahlbeton oder naturfaserverstärkter Kunststoff entsprechend aufgebaut.
Pflanzen ohne Lignin können durch die Cellulose zwar beträchtlichen Zugkräften standhalten, gegenüber Druck sind sie dagegen empfindlich. Ohne Lignin können keine Festigungselemente ausgebildet werden, die bei fehlendem Auftrieb durch das Wasser die Stabilität größerer Pflanzenkörper gewährleisten und entsprechende Tragestrukturen entgegen der Druckwirkung durch die Gewichtskraft aufbauen. Die Ausbildung von Verzweigungen und Astsystemen zur Schaffung großer photosynthetisch wirksamer Flächen kann nur durch eine Stabilisierung der Äste erfolgen.
Außerdem dient Lignin als Kittmaterial für den Zellverbund über die Mittellamelle. Es bietet Schutz gegen Eindringen von Wasser in das Zellwandmaterial und hält dieses somit in den Leitgefäßen (Xylem und Phloem) sowie im Innern der Zellen. Weitere Schutzwirkung besteht gegenüber UV-Licht sowie mechanischer Beschädigung und dem Eindringen von Schädlingen. Schließlich kann Lignin nur schwer von Bakterien bzw. Pilzen abgebaut werden und hemmt infolgedessen das Wachstum pathogener Mikroorganismen passiv sowie aktiv durch den Aufbau von Wundlignin in Bereichen mit mechanischer Beschädigung. Eine ähnliche Struktur mit einem analogen Aufbau stellt das Suberin dar, das vor allem in den Zellwänden des Phellems (Kork) vorkommt.
Die Evolution der landlebenden Pflanzen und vor allem der Bäume ist eng mit der Ligninbiosynthese verknüpft: Das Lignin ist erst mit dem Auftreten dieser Pflanzen als echtes Lignin anzutreffen, während in ursprünglicheren Pflanzen wie Grünalgen nur die Bausteine oder lignin-ähnliche Polymere vorhanden sind. Die aktuelle Annahme ist, dass Lignin eine Neuentwicklung und damit ein gruppenbegründendes Merkmal (Autapomorphie) der Gefäßpflanzen darstellt. Wahrscheinlich konnte es sich zuerst als Abwehrstoff gegenüber Pilzinfektionen in Form von Wundlignin etablieren und nahm darauf aufbauend die zentrale Funktion als Stabilisationsmaterial ein. 2009 konnte allerdings auch in Rotalgen der Art Calliarthron cheilosporioides Lignin nachgewiesen werden. Dies wirft die Frage auf, ob es entweder konvergent sowohl bei den höheren Pflanzen als auch bei den Rotalgen entstanden ist, oder vielleicht bereits früh in der Entwicklung der Eukaryoten auftauchte und bei anderen Organismen wieder verschwunden ist.