1719 fand der deutsche Chemiker Johann Thomas Hensing fetthaltige Präparate aus Hirnmasse, die organisch gebundenen Phosphor enthielten. Aber erst 1811 berichtete der französische Apotheker Louis-Nicolas Vauquelin über dieselben.
Der Franzose Nicolas-Theodore Gobley isolierte 1846/1847 aus dem Eigelb eine klebrige, orangefarbene Substanz, in der Ölsäure, Margarinsäure, Glycerinphosphorsäure sowie eine stickstoffhaltige organische Base vorhanden waren. Vergleichbare Stoffe fand er 1847–1858 in Hirnmasse, Karpfeneiern, Blut, Galle und anderen Organen. 1850 gab er seiner Entdeckung den Namen Lecithin nach dem griechischen Wort lekithos ‚Eigelb‘.
Der Deutsche Felix Hoppe-Seyler, Begründer der Biochemie und Molekularbiologie, fand 1867 organisch gebundenen Phosphor in Pflanzensamen. 1899 isolierten die deutschen Chemiker Ernst Schulze und Ernst Steiger aus Pflanzensamen Phospholipide, die sie ebenfalls als Lecithin bezeichneten. Nach ihren Erkenntnissen hatten die Sojabohnen und Lupinen mit 1,5–2,5 % den höchsten Lecithin-Gehalt der von ihnen untersuchten Pflanzensamen.
Die Forscher Diakonow und Adolph Strecker (1822–1871) isolierten Lecithin, z. B. aus Eigelb, in größerer Reinheit und erkannten, dass der stickstoffhaltige Anteil des Lecithins Cholin war.
Johannes Ludwig Wilhelm Thudichum (1829–1901), der Begründer der Gehirnchemie, fand eine analoge Verbindung und nannte sie Kephalin nach dem griechischen Wort kephalos ‚Kopf‘ und konnte das Sphingomyelin separieren.
Von Anfang 1900 bis in die späten 1930er-Jahre sind keine wesentlichen Fortschritte im Wissen um die Phospholipide zu erkennen. Ernst Klenk (1896–1971) und Sakat fanden 1939 im Sojalecithin Inosit und Inositphosphorsäure. 1944 extrahierte der amerikanische Chemiker Jon Pangborn aus dem Lipid des Rinderherzmuskels Cardiolipin und 1958 beschrieben Carter und seine Mitarbeiter die komplexen Phytoglykolipide, die nur in pflanzlichen Phospholipidmischungen vorkommen.
Als 1925 die Hansamühle Hamburg, heute ADM Ölmühle Hamburg AG, das Bollmannsche Extraktionsverfahren einführte, konnte aus rohem Pflanzenöl wirtschaftlich Lecithin isoliert werden. Die industrielle Produktion begann. Hauptquelle für Lecithin wurde das Öl der Sojabohnen. Lecithin aus Eidotter hat in speziellen Anwendungen, z. B. in der Pharmazie und Kosmetik, weiterhin eine Bedeutung.
Einer der ersten Anwendungsforscher für Lecithin war um 1925 Bruno Rewald, der als einer der ersten Lecithin-Technologen das Lecithin als Emulgator und Dispersionsmittel empfahl.
Hamburg wurde der Ausgangspunkt und das Zentrum für die industrielle Sojabohnen- und Lecithin-Verarbeitung. Der Amerikaner Josef Eichberg war der erste, der 1930 den Wert der Lecithine für die USA erkannte und dort das ‚Hamburger Lecithin‘ der Hansamühle vermarktete. Ab 1935 wurde Lecithin – in guter Qualität – auch in Amerika hergestellt. Es waren die Firmen Pillsbury und Central Soya (beide USA), die sich dieser vielseitigen Substanz annahmen.
Ab 1948 verschrieb sich Lucas Meyer, Hamburg, der Anwendungstechnik und dem Verkauf von Lecithinen. Mit Rüdiger Ziegelitz und Volkmar Wywiol, die ab 1953 die Vermarktung und Weiterentwicklung des Lecithins vorantrieben, gelang der weltweite Durchbruch für Lecithin als Hilfs- und Wirkstoff. Die Anwendungsvielfalt der Lecithine in den Bereichen Lebensmittel, Futter und Technik wurde von ihnen auf eine breite Basis gestellt.
In der diätetischen Anwendung leistete der Arzt Heinrich Buer Pionierarbeit und brachte 1935 mit dem Produkt ‚Buer-Lecithin‘ eines der ersten Lecithinpräparate auf den Markt.
H. Eickermann, A. Nattermann & Cie. (heute Konzern Sanofi-Aventis-Gruppe), konzentrierte sich auf die Wirksubstanz Phosphatidylcholin und entwickelte eine Reihe bedeutender pharmazeutische Präparate, die noch heute angeboten werden.
Herbert Rebmann entwickelte aus dem Eigelb Phospholipid-Spezialitäten als hochwertige Pharma-Emulgatoren für Fettnährstofflösungen.
Die Forschung und Anwendungstechnik ist längst noch nicht abgeschlossen. Derzeit sind beispielsweise Lecithine aus Meeresalgen, die Verwendung von Liposomen in der Nahrungsmittelindustrie und Phospholipide in der Aquakultur im Fokus der Wissenschaft.